Was hat ein Bericht über Karneval in der Chronik eines Sportvereins zu suchen? Was hat Karneval überhaupt mit Sport zu tun?
In Venne eine ganze Menge. Waren es doch Sportler, die ihn als Abteilung des TSV Venne heimisch machten.
Mitglieder der Fußballabteilung, an der Spitze Rolf Reusch und seine Mitstreiter Hermi Hehemann,Walter Miefert, Willi Schwarze, Walter Möhlmeyer und Werner Lüssenheide,planten im Herbst 1948, in Venne Karneval in Form eines Maskenballs zu feiern.
Der damalige Vorstand, der, wie schon an anderer Stelle erwähnt, zum größten Teil aus Mitgliedern des Schützenvereins bestand, lehnte zunächst ab. Er hielt nichts von solchem Narrenkram und befürchtete wohl auch ein finanzielles Fiasko. Aber die jungen Sportler setzten sich über alle Widerstände hinweg und im Februar 1949 wurde unter der Regie von Rolf Reusch und dem Prinzen Werner I. ( Lüssenheide) bei “Linnenschmidts der erste Maskenball gefeiert. Mit überwältigtem Erfolg. Mehr als 600 maskierte und unmaskierte Narren drängten sich im Saal zusammen. Es war ein heilloses durcheinander. Mit diesem Ball hatte der Karneval in Venne Fuß gefasst. Maskenbälle wurden jährlich mit großem Erfolg gefeiert. Es war immer ein erhebender Augenblick, wenn um 11 Uhr 11 Minuten die Demaskierung angesagt war. Mancher weibliche und auch männliche Festteilnehmer wunderten sich, wen er da plötzlich im Arm hatte und ganz ohne Ärger wird es bei manchen Paaren wohl nicht abgegangen sein. Maskenbälle waren 10 Jahre lang der Höhepunkt der Venner Winterballsaison. Dann tauchten andere Ideen auf. Das Fernsehen hatte seinen Siegeszug angetreten, die jährlich gezeigte Sendung: „ Mainz, wie es singt und lacht“ ließ auch in Venne den Wunsch aufkommen, etwas ähnliches zu veranstalten. Nach einem ersten schüchternen Versuch bei der Prinzenproklamation 1958 war es 1959 so weit: Mit Hilfe von Karnevalisten des Power Quartet – Vereins, zu denen Hermi Hehemann Verbindung aufgenommen hatte, wurde auf Lüssenheiden total überfülltem Saal die erste Galasitzung veranstaltet. Mit Rolf Reusch als Sitzungspräsident traten Walter Miefert und Hermi Hehemann erstmals auf der Bühne in Aktion. Prinz Werner II. ( Siegmann) brachte in einer Rückschau die Ergebnisse des Vorjahres in Erinnerung. Der Zeitberichter war geboren. Über dieses Ereignis schrieb Eugen Hucke seinerzeit:
Vergneugte Tit! Dat was lessen Sautertag nen grauten Hoppeh up Lüssenhehen Saale. Sit dat se in Vine Karneval maket, denket se sick olle Joahr wa Nigget ut. Nu haaden se dat jä fein uptuogen, dat mot ne jähr lauten. Un et geiw viäl to lachen. Wecke lüe in viäne, de garnich doar wärn, mot et ine Ohrden gellt hebben. Ick kreig auk son lüttken Splieten aff ,oawer dat däh mi nich weh. Wat Siegmanns Werner und Hermi oalle wüssen van Viäne un öawer de Lüe in Viäne ,dat dreip int schwatte, dat seiht. Un was nich eener uppen Saale, de nich gliks auhnde, ümme wat et göng. Oallet, wau wi vogauhn Joar öawer lachet hadden orre woh wi us maul stilken oawer amüset hadden, dat hadden se fein mit Pieper und sölt wih wahm maket. Un dann wöht kuli Prinz un seine Helga Prinzessin. |
So weit Eugen Hucke.
Nach diesem Erfolg war es klar: Es sollte weitere Galasitzungen geben. Die Ära der Maskenbälle ging zu Ende, der letzte wurde 1961 gefeiert. Die Galasitzungen, mit ausschließlich Venner Büttenrednern und Sängern, wurden zum jährlichen Renner der Venner Winterveranstaltungen. Ohne die Verdienste der anderen Karnevalisten zu schmälern, muß gesagt werden, dass neben Rolf Reusch als Sitzungspräsidenten, die Aktiven Heinz Buhr, Hermi Hehemann, Walter Miefert und Werner Siegmann als Büttenredner und Sänger der Gruppe „Venner Boys“, sowie Walter Schmidt als Stimmungssänger die Hauptträger dieser beliebten Feste waren. Tanzgruppen, von denen die “Schüsis” als erste einen bleibenden Eindruck hinterließen, schicke Funkenmariechen mit Zeremonienmeister rundeten das Bild der Galasitzungen ab. Erstmals wurde 1966 im damals noch kleinen Saal bei Beinker eine Galasitzung abgehalten. Die Akteure wurden begeistert gefeiert. 1972 kam eine neue Variante des Karnevals ins Spiel.
Auf Initiative von Hermi Hehemann, der auch Sitzungspräsident wurde, war der Kinderkarneval ins Lebengerufen worden. Gleich die erste Kinder – Galasitzung verlief großartig und war für Groß – und Klein eine tolle Sache. Hatten mittags die Eltern Mühe, die Kinder zu verkleiden und zur Veranstaltung zu transportieren, so hatten abends die Kinder das Problem, die Eltern auf den Heimweg zu bringen. Der Kinderkarneval wurde zur festen Einrichtung. Er hat dem Erwachsenenkarneval viele Talente zugeführt und somit dafür gesorgt, dass die Galasitzungen ausschließlich mit Venner Karnevalisten gestaltet werden konnten. Dafür gebührtden Leitern Hermi Hehemann, Hartmut Lachermund, Hans Barthold und Heinrich Mählmann mit ihren Helfern ein besonderer Dank.
Das Jahr 1975 brachte die Abteilung an den Rand der Auflösung. Walter Miefert verstarb plötzlich und eine tückische Krankheit zwang Heinz Buhr, von der Bühne Abschied zu nehmen. Damit hörte die Gruppe „Venner Boys“ die 15 Jahre für Furore im Venner Karneval gesorgt, und den Ruf des Venner Karnevals weit ins Land getragen hatte, auf zu bestehen. Aber auch als Büttenredner, Organisatoren und nicht zuletzt als Freunde fehlten die beiden an allen Ecken und Enden. Kein Wunder, dass die Begeisterung der Abteilung nachließ, dass Ende des Venner Karnevals schien gekommen. Hier nun setzten sich die jungen Mitglieder der Abteilung in Szene. Sie bestürmten die Älteren – Rolf Reusch, Hermi Hehemann, Walter Schmidt und Werner Siegmann weiterzumachen. Diese ließen sich überzeugen und so wurde das Jahr 1976 zum Neuanfang. Zu den genannten Akteuren kamen neue und jüngere wie Heinz Vinke, Heinrich Mählmann, Werner “Seppel” Griebsch und Hartmut Böschemeyer. Irene Schmalge trug plattdeutsche Reden vor und Elisabeth Meyer kümmerte sich um den tänzerischen Nachwuchs. In der Organisation der Abteilung wurden Änderungen vorgenommen. Werner Siegmann wurde mit der Leitung der Abteilung beauftragt wodurch Rolf Reusch die Möglichkeit erhielt, sich als Sitzungspräsident ausschließlich um die Galasitzung zu kümmern. Eine Aufgabenteilung, die sich bewährte.
Im Jahre 1980 beschloss die Abteilung, ihre Veranstaltungen auszuschreiben. So wurden erstmals alle Veranstaltungen der Abteilung im Saale der Wirtschaft “Zum Löwen” gefeiert. Danach wurden die Galasitzungen neben der Veranstaltung bei Beinker einige Jahre abwechselnd in den Gaststätten “Zum Löwen” und Linnenschmidt abgehalten. Seit 1992 finden alle Galasitzungen im Heidekrug Beinker statt, während der Jugend – und Kinderkarneval in der Gaststätte “Zum Löwen” veranstaltet wird. Der Rosenmontagsball, 1991 erstmals als Kostümball gefeiert, war immer gut besucht und ein echte Anziehungspunkt. Dann aber ließ das Interesse an diesem Fest nach, es wurde zuletzt 1992 gefeiert.
Neu in das Programm aufgenommen wurde 1988 der Jugendkarneval, er kam als Alternative für die älteren Jugendlichen gut an. Hier hat sich Eric Ballmeyer als Leiter dieser Veranstaltungen gut bewährt und Erfolge gefeiert. Später hat dann Andre Barthold, unterstützt von Kerstin Meyer die Leitung übernommen und sich ebenfalls bewährt. Heute leitet Toivo Storm den Jugendkarneval.
Nach 16-jähriger Tätigkeit als Leiter und Sitzungspräsident des Kinderkarnevals trat Hermi Hehemann von dieser Funktion zurück und legte es in jüngere Hände. Er hat als Büttenredner, Mitglied der Gruppe “Venner Boys” und als Leiter des Kinderkarnevals maßgebend dazu beigetragen, den Karneval in Venne aufzubauen, ihn zu gestalten und populär zu machen. Ihm wurde für seine Tätigkeit bei einer glanzvollen Verabschiedung, der ihm gebührende Dank ausgesprochen.
Sein Nachfolger Hartmut Lachermund schlug großartig ein; es wurden große Hoffnungen auf ihn gesetzt. Sein plötzlicher Tod 1990 erschütterte die Abteilung. Es war ein überaus schmerzlicher Verlust. An seine Stelle trat Hans Barthold, der in Zusammenarbeit mit Elisabeth Meyer und Kriemhilde Schnieder den Kinderkarneval mustergültig geleitet hat, bis er im Jahre 1999 eine andere Aufgabe übernahm.
Heute ist Heinrich Mählmann als Sitzungspräsident tätig und für den Kinderkarneval verantwortlich. Auf den Galasitzungen haben inzwischen andere, jüngere Akteure die Bühne betreten. Sie alle zu nennen würde den Rahmen dieses Berichts überschreiten. Genannt seien hier stellvertretend für alle nur die Gesangsgruppen “Spottdrossel”, die von 1979 – 1999 ein fester Bestandteil des Programms waren, die Lustigen Venneraner und die “Christinen”. In der Bütt waren oder sind noch dabei Elke Miefert, Sonja Ochmann und Hiltrud Heim als “Waschweiber”, Ute Kampmann mit ihren plattdeutschen Vorträgen, die “Spiekerboys” und vor allem die “Tratschweiber” Kerstin Jörges und Sandra Ballmeyer, die wahre Triumphe feiern. auf Bärbel Meyer über, danach übernahm Kerstin Meyer diese Aufgabe. Das Amt des Zeremonienmeisters übte zunächst Wilfried Bußmann aus. Von diesem übernahm Erich Köster diese Funktion, nach ihm wurde Reinhard Kintzel mit der Aufgabe betraut. Robert Barthold mit seinen Helfern sorgte schon fast professionell für die Saaldekoration und in Helmut Meyer steht ein Fachmann in Lautsprecherfragen zur Verfügung.
Ein besonderer Höhepunkt in der Geschichte der Karnevalsabteilung war die Jubiläumsveranstaltung zum 50 jährigem Bestehen der Abteilung im November 1999. In der hervorragend organisierten Feier konnte Abteilungsleiter Werner Siegmann im Festsaal “Zum Löwen” neben den Abordnungen der Venner Vereine auch zahlreiche Ehrengäste, unter Ihnen der unvergessene Gemeindebürgermeister Heinz Schockmann und den Venner OB Jürgen Gahbler begrüßen. In seiner Festansprache hielt Siegmann einen Rückblick auf den Werdegang der Abteilung und konnte anschließend mehrere Mitglieder, die sich um die Abteilung verdient gemacht haben, auszeichnen und Ihnen Ehrengaben überreichen.
Aus Altersgründen traten 1999 Sitzungspräsident Rolf Reusch und Abteilungsleiter Werner Siegmann zurück. Rolf Reusch war 50 Jahre für den Venner Karneval tätig gewesen, davon 40 Jahre als Sitzungspräsident. Sein Name ist mit dem Aufbau und der Entwicklung des Venner Karnevals eng verbunden. Seine Art, die Sitzung zu leiten, war originell, routiniert und kann nicht kopiert werden. Als Dank und Anerkennung wurde er zum Ehren – Sitzungspräsidenten ernannt. Werner Siegmann, der 40 Jahre als Sänger, Büttenredner und an die 25 Jahre als Abteilungsleiter gewirkt hatte, wurde zum Ehren – Abteilungsleiter ernannt. Beide wurden mit stehenden Ovationen verabschiedet. Neuer Sitzungspräsident wurde Jürgen Ahlbrand, im Kinderkarneval aufgewachsen, und lange Zeit mit Gert Miefert als Duo Tünnes und Scheel bekannt. Er leitet mit Witz und Improvisationstalent die Galasitzungen und hat dabei seinen eigenen Stil gefunden. Zum neuen Abteilungsleiter wurde Hans Barthold gewählt, der mit großem Engagement und der zeitweisen Doppelbelastung als Abteilungsleiter und Verantwortlicher des Kinderkarnevals Akzente setzte und die Abteilung prägte. Sein allzu früher Tod riss eine Lücke.
Das diese Lücke, bereits auf der Versammlung 2001 geschlossen werden konnte, ist dem Zusammenhalt der Abteilung und der Bereitschaft von Adi Funke zu verdanken, der sich zur Wahl stellte. Das Vertrauen wurde ihm ausgesprochen und einstimmig gewählt. Seit dieser Zeit ist er verantwortlich für die Geschicke dieser Abteilung. Unter seiner Führung sind etliche Umstrukturierungen besprochen und umgesetzt worden, um auch in Zukunft Karneval in Venne feiern zu können. Der Abteilungsvorstand um Adi Funke wurde verjüngt, erweitert und mit neuen Aufgaben betraut. Diese Mischung führte dazu, dass die Karnevalsabteilung ihren erfolgreichen Weg fortsetzen konnte, so bestand Karl-Heinz Melder 2001 als weit gereister Tourist seine Feuertaufe in der Bütt. Ein variabler Programmpunkt wurde geboren. Das bedeutet, interessierte Gruppen konnten einmalig bei den Galasitzungen ihr Können beweisen oder wie die Power Frauen als fester Programmpunkt integriert werden. Ein Schwergewicht betrat 2002 erstmals Beinkers Bühne. Sabine Hagemann begeisterte als Krakenschwester das närrische Publikum. Zwischenzeitlich wurde neben dem OKV ein weiterer Freundeskreis erschlossen, die Venner Karnevalisten besuchten die Karnevalshochburg Köln und fanden in der Großen Allgemeinen Karnevalsgesellschaft von 1900 Gleichgesinnte, die es sich nicht nehmen ließen, mit ihrem Präsidenten Hans-Peter Vogel an der Spitze 2003 Venne zu besuchen. Die Verbindung nach Köln war geschaffen und besteht noch heute. Auf den Galasitzungen brachten neue Show und Gesangseinlagen wie die Tweeties und das Duo Piel / Stockhowe das Blut der Narren in Wallung. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass der Chronist nicht nur positives zu berichten hat.
Der Abteilungsvorstand war aus organisatorischen Gründen gezwungen, im Jahre 2004 den von Eric Ballmeyer ins Leben gerufenen und erfolgreichen Jugendkarneval, einzustellen. Christian Müller, im Kika groß geworden, feierte 2004 sein Debüt als Familienoberhaupt in der Bütt, die Frauen des Elferrates entwickelten sich zu richtigen Power – Frauen, die begeistern können. Weiterhin gab es im großen Karneval eine Sensation. Ein Tanzpaar stellte sich 2004 vor. Benjamin Gerlach und Annmarie Musiat zeigten einen TV tauglichen Auftritt. Heute tanzt Benjamin mit Julia Watkins, und es ist immer noch ein Höhepunkt bei den Sitzungen. Unter dem Motto “Das schönste was ich kenne, ist der Karneval in Venne”, nahm man 2005 mit einem von Heinrich Mählmann gesteuerten Porsche Traktor und Planwagen erstmals am Ossensamstag teil. Heute sorgt ein Team um Wagenbaumeister Ernhold Müller dafür, dass der Venner Karneval sich bei den Umzügen nicht nur in Osnabrück sondern auch vor heimischen Publikum in Venne zeigen und präsentieren kann.
Personelle Veränderungen ergaben sich 2006 im Kinderkarneval nach dem Umzug von Michaela Hinnenkamp. Die Leitung des KIKA übernahm Ramona Imbusch, die zusammen mit ihrem Ehemann Frank (ab 2008 Sitzungspräsident) die Geschicke des Kinderkarnevals leitet. Anderen Menschen Freude und Frohsinn zu bringen, ist wohl eine der schönsten Aufgaben, die das Leben zu vergeben hat. Sie auch weiterhin zu erfüllen, ist der Wunsch und das Ziel der Karnevalsabteilung im TSV Venne.
Der Bericht über den Venner Karneval wäre nicht vollständig, blieben die Mitglieder unerwähnt, die in diesem Bericht nicht namentlich aufgeführt worden sind. Sie alle, ob sie nun im Vorstand der Abteilung tätig waren, ob sie als Akteure auf der Bühne standen oder ob sie, wie die Mitglieder des Elferrates ihre Arbeit im Stillen getan haben und noch tun, haben ihren Anteil daran, dass die Abteilung erfolgreich war und zu einem festen, nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil des Venner Vereins – und Gesellschaftslebens geworden ist. Ihnen an dieser Stelle zu danken, ist ein besonderes Anliegen der Abteilung.
Die Karnevalsabteilung des TSV Venne hat zwar mit Sport an und für sich nichts zu tun; sie ist aber mit ihren Veranstaltungen ein guter Werbeträger für den Verein und darüber hinaus für die gesamte Ortschaft Venne. Über 50 Jahre Galasitzungen nur mit eigenen Kräften zu gestalten und dabei immer wieder Glanzpunkte zu setzen, zeugen von der Bereitschaft vieler, an den Zielen der Abteilung mitzuwirken.